Chiang Rai ist die nördlichste Provinzhauptstadt Thailands und liegt inmitten der herrlichen Berglandschaft des
Goldenen Dreiecks. Die alte Stadt wurde im Jahr 1262 von
König Mengrai gegründet und ist ca. 730 Kilometer von Bangkok entfernt. Der König wählte den Standort in einer Senke umgeben von Bergen auf einer Höhe von 580 Metern am rechten Ufer des Kok Flusses, einem Zufluss des Mekong, als neue Hauptstadt seines
Königreiches Lanna. Doch bereits 34 Jahre später siedelte das Königtum nach Chiang Mai um, worauf die ehemalige Hauptstadt einen großen Teil ihrer Bedeutung verlor. Die Stadt gilt heute als das Tor zum Goldenen Dreieck. Nach einem guten Frühstück im Hotel verließen wir Chiang Rai zum ersten Ausflug in Richtung des eindrucksvollen Kalksteinmassivs
Doi Tung. Da das Hotel voll entsprach, und die Stadt eine geeignete Drehscheibe für alle Richtungen darstellte, beschloss ich, länger zu bleiben. Das Wetter im Norden war zu dieser Zeit gerade sehr wechselhaft, sodass sich heftige Regengüsse und Sonnenschein mehrmals abwechselten. In den Bergen hatten sich oftmals dichte Wolkenschleier verankert.
Blick von Doi Tung - Royal Villa
Während der Anreise machte ich noch am Fuß des Berges einen Fotostopp bei einem kleinen Tempel und interessanterweise auch bei einem
Militär-Check Point wegen des nahen Grenzgebietes zu Myanmar und Laos. Schon in den Wochen zuvor hatte ich bemerkt, dass das Militär im Allgemeinen zu Touristen sehr freundlich und unaufgeregt ist. So auch hier, wo ich sogar die Toilette des kleinen Postens benutzen durfte, was ich als sehr außergewöhnlich empfand. Anschließend ging es steil bergauf und mit der Höhe kam auch der Nebel. An einem Aussichtspunkt neben der Straße war aufgrund der tiefliegenden Wolken leider nichts zu sehen.
Am Parkplatz beim ersten Gipfel gab es die üblichen Verkaufsstände verschiedener ethnischer Minderheiten. Zeitweise kam sogar die Sonne zum Vorschein. Historisch betrachtet hat die Region eine starke Verbindung zur Opiumgewinnung. Durch ein intensives Entwicklungsprogramm, das insbesondere vom
thailändischen Königshaus getragen wurde, war es in den vergangenen Jahrzehnten allerdings gelungen, den Opiumanbau erfolgreich zu unterbinden. Als Teil dieser Bemühungen den Tourismus anzukurbeln und den ansässigen Bergvölkern Alternativen zum Mohnanbau zu gewähren, wurde im Jahr 1988 auf dem Gipfel die
Doi Tung Royal Villa errichtet. Die einstige Sommerresidenz der Mutter König Bhumibols ist von einem wundervollen Garten umgeben und kann besichtigt werden. Ich besorgte mir ein Ticket und startete mit dem Besuch im
Doi Tung Royal Garden. Die ursprüngliche Idee dieses preisgekrönten etwa vier Hektar großen Gartens war es, der thailändischen Bevölkerung die Vielfalt blühender Pflanzen aus gemäßigten Regionen näher zu bringen. Der Garten liegt an einem Hang und bietet verschiedene Bereiche. Ein kleines Stück Fläche enthält noch einen Rest Original-Urwald mit vielen Bäumen über dreißig Jahren und einigen, die mehr als hundert Jahre alt sind. Der ursprüngliche Dschungel war ein immergrüner Laubholzwald mit großen Bäumen und feuchten Böden auch in der Trockenzeit.
Doi Tung Royal Garden - Skulptur „Continuity“
Die riesigen Wälder agierten als Wasserspeicher wie ein Schwamm und konnten auf diese Weise den Wasserhaushalt der Region regeln. Nur langsam gaben sie die Wassermengen an die umliegenden Ströme ab, die wiederum die Ebenen mit dem Nass versorgten. Ein sinnvoller Kreislauf, der in der Zwischenzeit leider oft zum Nachteil der Betroffenen unterbrochen worden ist. An einem Hang ist ein Felsgarten mit Sandsteinen aus den Bergen Nord-Thailands und Felsblöcken aus dem Mekong angelegt. Durch Unterschiede im Temperaturverlauf entlang des Flusses entstanden verschiedene Farben und Strukturen der Steine. In der Mitte des Gartens steht das Wahrzeichen, die hohe
Skulptur „Continuity“, eines bekannten thailändischen Bildhauers. Mit der Namensgebung wollte die König Mutter betonen, dass unaufhörliche Bemühung zum Erfolg führt.
Anschließend wanderte ich auf der Straße die paar hundert Meter aufwärts zur Royal Villa.
Am Eingang erhielt ich ein Audiogerät mit Kopfhörer, das mich von Raum zu Raum führte und mir die Geschichte und Motivation der König Mutter näher brachte. Das Projekt war mit ihrem Privatvermögen in Zusammenarbeit mit der Regierung und der Privatwirtschaft initiiert worden. Die noch immer prächtige Villa ist ein Mix eines Schweizer Chalets kombiniert mit der Lanna-Architektur Nord-Thailands. Im Inneren herrschen einfache Eleganz und Funktionalität ganz nach dem Wesen der Eigentümerin vor. Von den riesigen Holzbalkonen aus hatte ich einen herrlichen Panoramablick in die großartige Landschaft. Leider war es nicht gestattet, im Innenbereich Fotos zu machen. Auch musste man sich wie üblich die Schuhe am Eingang ausziehen und einen Sari tragen, wenn man nur kurz bekleidet war. Es begann wieder zu regnen, und die Sicht verschlechterte sich, als ich zurück zum Auto ging. Als Abschluss durchschritt ich die
„Hall of Inspiration“, in der die vollständige Geschichte dieses Vorzeigeprojekts in eindrucksvollen Bildern und Texten nochmals dargestellt wurde.
Straße zum Wat Phra That Doi Tung
Von den ersten Schritten getragen von einer 87 Jahre alten Frau bis zum aktuellen gegenwärtigen Entwicklungsstand.
Über eine teils abenteuerliche Straße fuhren wir weiter zum
Wat Phra That Doi Tung, der Namensgeber des 1800 Meter hohen Berges ist. Doi Tung bedeutet
„Flaggengipfel“ und bezieht sich auf eine Begebenheit im Jahr 911. Damals war auf Befehl des Königs an der Stelle des Gipfels, wo zwei Chedis gebaut werden sollten, eine Flagge aufgestellt worden. Die beiden goldfarbenen Bauten sind der Kern der kleinen Tempelanlage, die vollkommen im Nebel lag. Der Aufgang über eine von zwei Naga-Schlangen flankierte Treppe mitten durch den feuchten nebligen Wald vorbei an den grimmigen Wächtern war mystisch. Im einsamen Tempel meditierte ein Mönch, der mich freundlich begrüßte. Unter einem Dachaufbau standen allerlei heilige Figuren, darunter auch eine große rundliche Buddha-Statue im chinesischen Stil. Vom vielen Gehen und Besichtigen hatte ich Hunger bekommen und
Die zwei Chedis des Wat Phra That Doi Tung im Nebel
wir hielten bei der Zwillingsanlage des Tempels ein Stück unterhalb des Gipfels an. Gegenüber gab es ein einfaches „Restaurant“, das mir schnell etwas kochte. In der Zwischenzeit warf ich einen Blick in den Tempel, wo ebenfalls Mönche meditierten. Es hatte stark zu regnen begonnen und trotz eines Schirms wurde ich nass. Die Rückreise nach Chiang Rai entwickelte sich mühsam, da es vor allem während der Bergabfahrt in Strömen goss und Herr Wat nicht gerade der beste Autofahrer war.
Der zweite Tagesausflug, es war der 6. September, führte mich vorerst in die nördlichste Stadt Thailands nach
Mae Sai. Schon am Vortag war mir bei der Fahrt eine Weide neben der Straße aufgefallen, auf der völlig unvermutet riesige
Felsblöcke herumlagen. Es blieb mir unklar, wie diese Steine genau auf diesen Abschnitt gekommen sein könnten. Das Wetter war zunächst wieder regnerisch. In Mae Sai, das nur von einer Brücke von Myanmar getrennt ist, herrschte absoluter Hochbetrieb.
Mae Sai - Blick auf Myanmar
Die sehr breite Zu- und Abfahrtsstraße mit getrennten jeweils zwei bis dreispurigen Fahrbahnen vor der Grenzstation war von einer endlosen Zahl von Ständen und Verkaufsstellen gesäumt. In einer Seitengasse gab es einen überdachten Markt. Qualitätsprodukte zu finden war dennoch schwer. Ich kaufte eine Schokolade, die leider nicht hielt, was sie anfangs versprochen hatte. Auf einer Anhöhe neben der Stadt steht der
Wat Phra That Doi Wao. Der Tempel ist wie die kleine Stadt Mae Sai selbst nicht sonderlich aufregend, aber von oben hat man einen guten Ausblick ins benachbarte Myanmar. Eine schmutzige rutschige breite Steintreppe führt hinauf zur Anlage wie üblich mit jeweils einer Naga-Schlange links und rechts. Direkt am Grenzbalken ballte sich alles zusammen. Die Autos standen in Schlange, während Fußgänger die Grenze ohne fahrbaren Untersatz überquerten. Der Fluss unter der Grenzbrücke führte Hochwasser und viel fehlte nicht zur Überschwemmung der ersten Uferlokale. Es ging sich noch gerade aus und die Gäste ließen sich davon
Goldenes Dreieck - Blick auf ein Casino in Laos
ohnehin nicht abhalten.
Der äußerste Norden Thailands, in dem ich mich befand, ist ein Teil des berühmten Goldenen Dreiecks. Diese Region steht geschichtlich in engem Zusammenhang mit der
Opium- und Heroinproduktion und dem Handel damit. Geografisch handelt es sich um ein Gebiet, in dem Thailand, Myanmar und Laos aneinandergrenzen. Landschaftlich treffen die fruchtbare Schwemmlandebene des Mekong und die atemberaubenden Gebirge im Westen und Norden aufeinander. Obwohl es weiterhin viele entlegene Bergdörfer gibt, und bei so manchem Besucher noch Bilder ungestümer Wildnis und gefährlichem Opiumschmuggels im Kopf herumgeistern, ist die Region bereits zunehmend zu einem beliebten Touristenziel aufgestiegen. Wir fuhren von Mae Sai ein Stück in Richtung Osten nach
Sop Ruak, das zwischen Mae Sai und dem alten Chiang Saen, der ehemaligen Hauptstadt eines kleinen Königreichs, direkt am Mekong liegt. Das Wetter war richtiggehend aprilhaft für
Happy Buddha am Goldenen Dreieck
österreichische Begriffe, einmal Sonne, dann Wolken und dann wieder Regen, alles kurz aufeinanderfolgend. Am Horizont leuchtete die Bergwelt und neben der Straße die grünen Reisfelder. Sop Ruak ist ein schnell wachsender kleiner Touristenort am Scheitelpunkt des Goldenen Dreiecks. Von einer Anhöhe, die als
Golden Triangle beschildert war, konnte man in alle drei Länder blicken und vor allem auf den wunderbaren Mekong. In Wirklichkeit umfasst das historische „Goldene Dreieck“ ein weit größeres Gebiet als hier einzusehen war, nämlich alle jeweiligen Landesteile, auf denen früher Opium angebaut wurde. Es waren auch die beiden Casino-Anlagen in Myanmar und Laos zu erkennen. Viele Thai setzen mit dem Boot über, um dort zu spielen, da das Glücksspiel in Thailand aus religiösen Gründen verboten ist. Auf dem kleinen Hügel steht auch der alte halbverfallene
Wat Phra That Pu Khao. Über ein paar vermooste Stufen, die von vier mächtigen Naga-Schlangen gesichert sind, gelangte ich zur heiligen Stätte. Wieder unten im Dorf schritt ich das Mekong Ufer entlang, wo eine festungsartige kleine Plattform errichtet wurde.
Chiang Saen - Naga-Schlangen des Wat Phra That Chom Kitti
Auf dieser Ebene sind allerlei kitschige Reliquien, diverse Tore, Fantasie-Figuren, Tierskulpturen und Buddha-Figuren stationiert. Hauptattraktion ist jedoch der große auf einem Sockel sitzende goldene
Happy Buddha. Es gibt auch ein kleines Museum, das
House of Opium, das die Opiumgewinnung und den Schmuggel dokumentiert.
Die Reise ging weiter von der schönen Mekong Biegung des Goldenen Dreiecks ins nicht weniger schöne Gebiet rund um
Chiang Saen. Chiang Saen ist eine der ältesten Städte Thailands und liegt ebenfalls am Mekong. In der angeblich im Jahr 1328 gegründeten Stadt befinden sich zahlreiche historische Stätten, welche die vielen Wirren der Birmanenkriege überstanden haben. Ich war ziemlich überrascht, in dieser Gegend solche Anlagen vorzufinden. Wir starteten eine richtige Tempeltour. Den Anfang machte der größte unter allen, der
Wat Phra That Chedi Luang. Der fast sechzig Meter hohe achteckige Chedi wurde im Stil der Lanna-Architektur erbaut. Es waren auch die
Wat Phra That Pha Ngao - Uposatha Halle
Überreste eines Wihan zu sehen, in dem sich einige Mönche aufhielten. Weiter ging es innerhalb der Stadt zum
Wat Pa Sak, dem Teakwald-Tempel. Dieser Bau besteht aus sieben Ruinenkomplexen, die zwischen den Teakbäumen liegen. Der Chedi stammt aus dem Jahr 1295 und ist der älteste der Stadt. Nicht weit entfernt waren noch die Reste des alten Außenwalls neben dem Wassergraben zu erkennen. Wieder ein Stück weiter auf einem Hügel nordwestlich von Chiang Saen steht der
Wat Phra That Chom Kitti. Ein von zwei fünfköpfigen Naga-Schlangen bewachter Aufgang führt zum herrlichen Platz dieses Tempels. Von der Plattform vor dem Wihan bot sich ein wunderbarer Ausblick in die Mekong Ebene und auf die dahinterliegende Bergwelt in Laos. Die Sonne war wieder gekommen und die Sicht nahezu ideal. Wir kehrten um und fuhren ein Stück Richtung Süden vorbei an malerischen landwirtschaftlichen Flächen zum
Wat Phra That Pha Ngao. Der Tempelkomplex umfasst nicht nur eine große Gesamtfläche, auf der viele interessante Gebäude zu bewundern sind, sondern erstreckt sich auch auf mehrere Höhenlagen.
Blick vom Wat Phra That Pha Ngao nach Laos
Ein goldenes Teakholzgebäude im Lanna-Stil mit schönen Schnitzarbeiten und herrlicher Innenausstattung wurde zur Erinnerung an den 80. Geburtstag des Königs gebaut. Auf halber Höhe steht die mich sehr beeindruckt habende Uposatha Halle. Schließlich findet man am Gipfel des Hügels, den schon von der Ferne sichtbaren weißen Chedi mit einer Pagode. Der Blick auf den Mekong und nach Laos stellte gleichzeitig einen weiteren Höhepunkt dieses sensationellen Tages dar. Ich hatte so viel gesehen, dass ich gar nicht mehr wusste, was alles. Auf der Rückreise hielten wir kurz vor Chiang Rai in einem Viertel mit zahlreichen Restaurants in der Nähe einer Universität. Dementsprechend waren viele junge hungrige Studenten anzutreffen. Ein nahezu perfekter Tag und gleichzeitig ein Höhepunkt der Rundreise gingen damit zu Ende.
Mit der Zeit erkannte ich, dass Mr. Wat mein Guide weniger ein Reiseführer als vielmehr ein Chauffeur war. Das bedeutete, dass ich oft selbst die Initiative ergreifen und ihm mitteilen musste, was ich wollte.
Maepern Lake in der Nähe von Mae Chan
Die Hauptrouten waren ihm bekannt, sobald es abseits ging, konnte es schwierig werden. In einer Reisebroschüre über Chiang Rai hatte ich von einem kleinen See gelesen, dem
Maepern Lake und damit wollte ich den neuen Ausflugstag beginnen. Die ersten Kilometer zum Kreuzungspunkt nach
Mae Chan waren täglich dieselben, weswegen ich die Route nun schon gut kannte. Den See zu finden war die eine Sache, dann auch dorthin fahren zu können die andere. Es hatte viel geregnet in den vergangenen Tagen und alles war feucht und nass, leider manchmal auch die Straßen bzw. Zufahrten. Wir waren mitten in einem einsamen landwirtschaftlichen Gebiet gelandet und irgendwann endete die Straße und ein nicht befestigter Weg führte weiter. Ich sah es schon vorher schlimm kommen. Dann war es soweit, Mr. Wat blieb im Schlamm stecken. Bei seiner Fahrweise wunderte mich das nicht. Er gab Vollgas wie ein Anfänger, dass die nasse Erde in alle Richtungen spritzte. So war an diesem Ort kein Krieg zu gewinnen. Ich wies ihn an, wie er sich aus dem Schlammassel befreien könnte.
Nachdem wir das geschafft hatten, stieg ich aus und ging zu Fuß weiter. Es war auch nicht einfach, da der Weg weitgehend unter Wasser stand und ich kaum trockene Bereiche fand. Schließlich gelangte ich halbwegs trocken am herrlich frischen See an. Er war ein richtiges Biotop, rundum Hügel und Berge, am Horizont die herabgesunkenen Wolken und inmitten der herrlich ruhige einsame kleine See. Für mich hatte es sich trotz der Anstrengungen gelohnt. Am Rückweg bemerkte ich die schönen Ananas- und Reisfelder. Wir setzten unsere Fahrt nach Westen in eine traumhaft schöne Bergwelt fort. Das Ziel war die sehr chinesisch geprägte kleine Bergstadt
Mae Salong. Bei der Anfahrt waren einige Pässe auf engen Bergstraßen zu bewältigen. Mr. Wat musste einige Fotostopps für mich einlegen, da die tollen Szenen ständig wechselten. Es eröffneten sich Ausblicke in breite Ebenen, Täler, Dörfer auf Hügeln, Felder und in die wolkenverhangene Bergwelt. Dann passierten wir wieder einen Militär Check Point. Daneben spielten Kinder, denen ich die übrigen Schokoladetafeln vom Vortag schenkte. Es begann zu regnen und
Mae Salong - Tempelanlage am Gipfel des Doi Mae Salong
ich sah an Berghängen seit langer Zeit wieder einmal Reisterrassen. Nach einer überaus steilen Auffahrt entlang eines Hügelkamms errichten wir das reizvolle Mae Salong. Die fast 900 Kilometer von Bangkok entfernte Stadt liegt auf 1130 Meter Höhe am Hügel Doi Mae Salong und hat eine wechselvolle Geschichte. Gegründet wurde sie Anfang der 1960er Jahre von Mitgliedern der Kuomintang, die nach der Niederlage in China gegen Mao Tse-tung an diesen Ort gekommen waren. Das thailändische Militär gewährte den Exilsoldaten ein Aufenthaltsrecht als Gegenleistung für deren Unterstützung bei der Unterdrückung des Kommunismus. Man überließ der Kuomintang auch die Kontrolle über den regionalen Opiumhandel, was das gesamte Gebiet bis in die 1980er Jahre zu einer relativ gesetzesfreien nicht ungefährlichen Zone machte. Schließlich gelang aber der thailändischen Regierung die Befriedung der Region und die Stadt wurde in „Hügel des Friedens“ umbenannt. Der multiethnische Ort setzt sich aus Angehörigen der Hmong, Mien, Akha und Lisu zusammen, wobei den Großteil der Bevölkerung nach wie vor die ehemaligen
Mae Salong - Goldener Chedi eines Tempels im Ort
Soldaten der Kuomintang und deren Nachkommen ausmachen. Das Opium spielt gegenwärtig natürlich keine Rolle mehr, dafür kann man herrliche Teeplantagen, Kohl- oder Kräuterfelder genießen.
Ich stieg aus dem Wagen aus und begab mich unter den Schutz der Marktschirme. Viel war zu dieser Zeit nicht los, weswegen ich auch gleich umso mehr auffiel. Mr. Wat „befreite“ mich wieder von den Marktleuten, indem er ein Gespräch begann und einige Kleinigkeiten kaufte. Eine weitere steile Straße führte auf den Gipfel des 1200 Meter hohen Berges. Zum Glück machte der Regen Pause, sonst wäre die Auffahrt vielleicht nicht möglich gewesen, so steil war es. Oben steht eine Tempelanlage, die zwar nicht sehr alt erschien, welche aber auch schon die eine oder andere Pflege benötigt hätte. Auf den Kachelterrassen war es so rutschig als wäre Glatteis angefroren. Ich konnte kaum gehen. Der Rundblick war dagegen grandios. Langsam fuhren wir wieder in den Ort hinunter. Dabei konnte ich die schöne Bergwelt so richtig bewundern.
Reisterrassen zwischen Mae Salong und Chiang Rai
Auf der anderen Seite der Stadt unterhalb des Marktes befindet sich ein Chinesisches-Märtyrer-Museum, das ich aber nicht besuchte. Daneben steht eine weitere Tempelanlage, die mir weit besser als jene am Gipfel gefiel. Besonders war mir der große
goldene Chedi ins Auge gestochen. Später nahmen wir am Marktplatz ein ausgezeichnetes Mittagessen. Da kam der Postdienst mit seinem Motorrad vorbei. Mir fiel auf, dass es auch sehr arme Leute gab. Ich überreichte ein paar Kleinigkeiten, doch es war nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Der Weg zurück nach Chiang Rai war ein langer. Mr. Wat wählte eine andere Route und die atemberaubende Landschaft blieb uns noch länger erhalten. Erneut sah ich beeindruckende kleine Reisterrassen und über Berg und Tal spannte sich ein riesiger farbenprächtiger Regenbogen.
Es hatte viel geregnet in den Tagen zuvor und der
Kok-Fluss, der durch Chiang Rai fließt, war mächtig angeschwollen. Der Strom ist
Chiang Rai - Wat Phra Sing
130 Kilometer lang und einer der größten Zubringer des mächtigen Mekongs, in den er in Chiang Saen mündet. Ich stand auf der Brücke und betrachtete die erdfarbenen Wassermengen. Wasser übt eine Faszination auf mich aus, und ich nützte jede passende Gelegenheit, Flüsse, Seen und Meere zu erkunden. Es war der letzte Tag in Chiang Rai. Da wir bisher ausnahmslos in der Umgebung unterwegs waren, knöpfte ich mir für den Abschied ein paar sehenswerte Tempel in der Stadt vor. Der erste war der königliche
Wat Phra Sing, der in seinem Haupt-Wihan eine Nachbildung des Phra Sing vom Wat Phra Sing in Chiang Mai enthält. Das Gebäude stammt aus der Zeit Ende des 14. Jahrhunderts und gibt ein schönes Beispiel für die Holzarchitektur des Nordens mit niedrigen, gewölbten Dächern. Die Holztüren weisen exquisite Schnitzarbeiten auf und die Medaillons unter den Fenstern des Bot zeigen Tiere. Im Inneren sind interessante Wandbilder zu sehen. Der goldene Chedi steht auf quadratischer Basis und ist von zahllosen kleinsten Sub-Chedis flankiert.
Chiang Rai - Wat Phra Kaeo
Der
Wat Phra Kaeo wird von allen Tempeln der Stadt besonders verehrt. Folgt man der Überlieferung, dann schlug im Jahr 1354 ein Blitz in den Chedi ein und verursachte einen Riss in der Gipshülle des sogenannten Smaragd-Buddhas, sodass sein Inneres zum Vorschein kam. Der Smaragd-Buddha, die bedeutendste Buddha-Statue Thailands, besteht in Wahrheit aus Jade und befindet sich gegenwärtig in Bangkok. Die lange Geschichte dieser Figur ist auf einer Tafel genau aufgelistet. Die heilige Statue befand sich 45 Jahre zwischen 1391 und 1436 in Chiang Rai. Seit dem Jahr 1991 steht eine Kopie im Tempel. Der Wat stammt aus dem 13. Jahrhundert und sein Bot birgt den Phra Chao Lang Thong, eine der größten erhaltenen Bronzestatuen der Lanna-Zeit. In einem sehenswerten Teakholzgebäude ist ein Museum auf zwei Ebenen untergebracht, das feine Requisiten, Skulpturen und Dekorstücke ausstellt.
Als letztes besuchte ich den außerhalb der Stadt liegenden
Wat Phra That Doi Chom Thong,
Palmenhain in der Nähe des Nong Wan Dorfes
der aus den 1940er Jahren stammt. Er steht auf einer kleinen Anhöhe und hatte in meinen Augen bis auf den Ausblick nicht viel zu bieten. Vielmehr schien es sich um eine Baustelle zu handeln. Immerhin soll sich König Mengrai an diesem Platz für den Standort seiner neuen Hauptstadt entschieden haben. Am Hügel steht auch die kleine Stadtsäule (Lak Muang), die in Thailand traditionellerweise bei einer Stadtgründung aufgestellt wird.
Dann hatte Mr. Wat die Idee, in zwei Dörfer des
Yao und
Akha Stammes zu fahren. Diese liegen in der Umgebung von Mae Chan, wo wir faktisch täglich durchgereist waren in den vergangenen Tagen. Ich kannte solche Besuche schon und erwartete mir nichts Besonderes. Meistens ging es darum, irgendwelche Handwerkskunst zu verkaufen. Mich interessierte das ehrlich gesagt wenig. Interessant war aber der Weg dorthin, denn wir kamen an einem schönen Palmenhain und frischen Reisfeldern vorbei. Das
Nong Wan Dorf mit seinen Ständen entpuppte sich dann für mich tatsächlich als erbärmlich. Man versuchte, mir mit Druck etwas aufzuschwatzen. Während eine größere Touristengruppe aus Frankreich eintraf, ergriff ich die Flucht. Im Nachbarort der Akha war es ein wenig besser, doch mir missfielen der Schmutz und die Ignoranz gegenüber gewissen Umweltfragen. Es war wichtig für mich, so etwas kennen zu lernen, aber mein Bedarf war wieder für eine Weile gedeckt. Zurück in Chiang Rai schaute ich ein weiteres Mal am Kok-Fluss vorbei und besichtigte das Denkmal des Stadtgründers König Mengrai, der offenbar noch immer verehrt wird. Im Zentrum ging ich ein wenig spazieren. Die Straße war für Kanalbauarbeiten aufgerissen. Hier arbeiteten auf Baustellen auch Frauen. An einem Kreisverkehr stand eine interessante Mischung aus Denkmal, Chedi und Uhrturm. Obwohl es nicht spät war, hatten mich die letzten Tage sehr erschöpft und ich war froh, noch einmal im schönen Hotel ausrasten zu können.